Das Opferfest

Eines der wichtigsten Feste des Islams ist das Opferfest, auf Arabisch auch Eid-ul-Kabir (das große Fest) oder Eid-ul-Adha, was vom arabischen Wort „dhahha“ (Opfern), abgeleitet ist. Ein anderes Wort für „Opfer“, das auch im Quran vorkommt, ist „qurban“, was in dem Sinne von etwas gebraucht wird, das man hingibt, also opfert, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen bzw. um Seine Nähe zu erreichen (vgl. „qarib“= nahe). Das Opferfest im am 10. Dhul-Higga.

Das Wort „qurban“ kommt im Heiligen Qur’an vor in 3. Sure, Vers 183 und 5:27,  46:28.

Das deutsche Wort „Opfern“ kommt aus dem Mittelhochdeutschen und heißt, einer Gottheit oder Gott eine Gabe darbringen. Außerdem ist es auch aus dem lateinischen Wort „operari“ abgeleitet, was soviel wie „handeln“ bedeutet.

Opfern in nicht-muslimischen Gesellschaften

Bevor das Opfern im Islam behandelt wird, einige Worte zum Opfern in nicht-muslimischen Gesellschaften: Dabei fallen auf Anhieb die schauerlichen Rituale der Tier- und manchmal auch Menschenopfer einiger Naturvölker auf oder die Opferriten längst vergangener Kulturen im Altertum. Von einigen Volksgemeinschaften ist bekannt, dass sie Brandopfer auf dem Altar irgendeiner Gottheit darbringen. Wenn man eine katholische Kirche betritt, sieht man viele Kerzen rund um den Altar. Nicht allen Leuten ist allerdings bekannt, dass es sich dabei um Opferkerzen handelt. Im Christentum stößt man auf eine sehr extreme Form des Opferns: Der heutigen christlichen Lehre zufolge musste sich ein Mensch opfern, um damit die Sünden der ganzen Menschheit zu sühnen, nämlich Jesus (ع).

All diesen Opferformen ist aber eines gemeinsam: Auf der einen Seite steht der Opfernde, der Mensch, und auf der anderen Seite derjenige, der dieses Opfer erhalten und somit gnädig gestimmt werden soll, damit er eventuelles Unheil von den Opfernden fernhält. Dem Islam ist so ein Gedanke natürlich fremd, denn Muslime wissen, dass Allah nichts benötigt, das Muslime Ihm geben könnten, um Ihn gnädig zu stimmen, denn Allah hat Seinen Geschöpfen alles gegeben, und diese können Ihm nichts geben.

Aber es gibt auch Opferrituale der modernen Industriegesellschaft. Dabei kann erkannt werden, dass man nicht erst auf versprengte Urwaldstämme schauen muss, um auf die absurdesten Formen des Opferns zu stoßen. Beispielsweise werden in Europa tonnenweise Obst, Gemüse und Fleisch verbrannt, um den gefürchteten Götzen des Preisverfalls milde zu stimmen, und das in einer Welt, in der täglich 30.000 Kinder an den Folgen der Unterernährung sterben. Man opfert häufig ein harmonisches Familienleben auf dem Altar eines kaum bekannten Freiheitsgottes. Die Freude, Kinder zu erziehen, opfern mehr und mehr Frauen einem Gott der Selbstverwirklichung. Derartige Beispiele lassen sich noch viele anführen.

Opfern im Islam

Für die Erinnerung des Opfers im Islam ist es unerlässlich, sich an den Propheten Ibrahim und seinen Sohn Ismail (ع) zu erinnern. Ibrahim (ع) und seine Frau Sara waren schon sehr alt und noch immer kinderlos, obwohl sie sich so sehr ein Kind wünschten. Daraufhin heiratete Hz. Ibrahim (ع) seine ägyptische Dienerin Hagar. Diese bekam einige Monate später einen Sohn, nämlich Ismail (ع). Zu dieser Zeit befand sich Hz. Ibrahim (ع) mit seiner Familie auf der Reise nach Süden Arabiens, die alte Karawanenstraße nach Jemen entlang. Dort, wo heute Mekka liegt, hatte Hz. Adam (ع) das erste Gebetshaus gebaut (vgl. Sure 3, Vers 96). Nun aber war dort nur kahle, trockene Wüste.

Die Entstehung des Islam ist vergleichbar mit dem Bau des ersten Hauses durch Adam (ع), und die anschließend entstandene Wüste ist vergleichbar am Zustand, in den die Muslime die islamische Welt gebracht haben, aber eines Tages wird jemand kommen und das Haus neu aufbauen.

Der gesegnete Prophet Ibrahim (ع) befand sich also in der trockenen Wüste. Trotzdem aber erhielt Hz. Ibrahim (ع) von Allah den Befehl, seine Frau Hagar und das Baby Ismail an dieser Stelle zurückzulassen, damit durch sie dieser heilige Ort wieder bewohnt werden würde. Hz. Ibrahim (ع) zog weiter im sicheren Vertrauen darauf, dass Allah für seine Frau und den kleinen Ismail sorgen würde, wobei er betete:

„Mein Herr, mache dies zu einer Stadt des Friedens und versorge mit Früchten die unter ihren Bewohnern, die an Allah und an den Jüngsten Tag glauben“ (Heiliger Qur’an 2 / 126).

So saß nun Hagar mit dem Baby Ismail in der Wüste ohne einen Tropfen Wasser, nicht einmal einen Baum gab es dort. Die Sonne brannte unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel, und schon bald begann der kleine Ismail vor Durst zu weinen. Verzweifelt lief Hagar zwischen den beiden Hügeln Safa und Marwa hin und her, um Wasser zu finden. Beim siebten Mal dann sah sie an der Stelle, wo der kleine Ismail lag, plötzlich eine Quelle hervorsprudeln, nämlich den Brunnen Zamzam. Bis heute laufen die Mekka-Pilger zwischen den beiden Hügeln Safa und Marwa sieben Mal hin und her und erinnern sich dabei an Hz. Ismail (ع) und die verzweifelten Anstrengungen seiner Mutter, für ihr Kind Wasser zu finden. Das Beispiel Hagars zeigt den Muslimen auch, dass sie sich mühen müssen, wenn sie Allahs Gnade erreichen wollen. Allah hätte ja auch sofort den Brunnen entstehen lassen können, ohne Mutter und Kind diesen Strapazen auszusetzen. Die arabische Bezeichnung für dieses Hin- und Herlaufen ist „sa’i“, was „Anstrengung“ bzw. „sich mühen“ bedeutet. Diese Anstrengung Hagars symbolisiert aber auch das Suchen am falschen Ort. Während Hagar die höchsten Berge der Gegend erklimmt und große Weiten überschauen kann, ist doch das, was Sie sucht, so nah, tief im „Herzen“ ihrer Suche, und gar nicht so weit fern, wie sie vermutet.

Nach dem Entstehen dieses Brunnens begannen Karawanen, sich dort niederzulassen. So entstand die Stadt Mekka.

Jeder wusste, dass Hz. Ibrahim (ع) Allahs Freund war (Khalilullah). Er liebte Allah mehr als alles auf der Welt. Zwar liebte er auch seine Familie, vor allem aber seinen einzigen Sohn, den er sich so lange gewünscht hatte, aber Allah wollte der ganzen Menschheit zeigen, dass Hz. Ibrahim (ع) seinen Gott noch mehr liebte als seinen Sohn. Eines Nachts befahl Allah Hz. Ibrahim (ع), Ismail zu opfern. Am nächsten Morgen sprach er zu seinem Sohn: „Mein lieber Sohn, Allah hat mir befohlen, dich zu opfern. Was meinst du dazu?“ Der Junge sprach: „Mein Vater, tue, wie dir befohlen, du sollst mich, so Allah will, standhaft finden.“

Sie verabschiedeten sich von Hagar und wanderten, bis sie an einen bestimmten Ort kamen. Weiter heißt es im Qur’an: „Als sie sich Gott ergeben hatten, und er ihn mit der Stirn gegen den Boden hingelegt hatte, da riefen Wir ihm zu: „O Ibrahim erfüllt hast du bereits das Traumgesicht. Also lohnen Wir denen, die Gutes tun. Das war in der Tat eine schwere Prüfung. Und Wir lösten ihn aus durch ein großes Opfer.“ (Heiliger Qur’an 37/ 102-107)

Als Hz. Ibrahim (ع) seinen Sohn gerade opfern wollte, wurde sein Messer stumpf. Dann fanden sie in einem nahen Gebüsch ein Schaf, das sie anstelle Ismails schlachteten.

Die Auslösung durch ein „großes Opfer“ [zhibhin adhiym] gemäß obigem Vers wird von den Schiiten so interpretiert, dass ein „größeres“ Opfer erbracht werden musste zum Schutz der wahren Religion, als ein Schaf, dass nicht im Vergleich zu Ismail (ع) ein großes Opfer sein kann. Daher beziehen sie diesen Vers auf die späteren Ereignisse zum Aschura genau einen Monat nach dem Opferfest am 10. Muharram. Diese Meinung wird von der Mehrheit der Muslime jedoch nicht geteilt.

Die Opferbereitschaft der beiden reinen Propheten Ibrahim (ع) und Ismail (ع) zeigt den Muslimen, was Opfern im Islam bedeutet, nämlich das Verzichten auf etwas, was man auf dieser Welt sehr liebt, um Allahs willen. Hz. Ibrahim (ع) wurde von Allah aufgefordert, sich von seiner Liebe zu seinem Sohn zu lösen, denn es gibt nichts, was mehr geliebt werden darf als Allah. Das erinnert die Muslime daran, dass sie nichts, was sie in diesem Leben besitzen, ins Jenseits mitnehmen können, denn alle werden diese Erde früher oder später verlassen müssen. Je eher man sich dieser Tatsache bewusst wird, desto leichter wird es fallen, auf dem Wege Allahs Dinge, die man liebt, aufzugeben.

Die Propheten haben eine besonders hohe Stellung bei Allah, und Allah prüft die Menschen gemäß ihrer Stellung, das heißt, Allah mutet keiner Seele zu, was sie nicht ertragen kann (2/286). Zur Erinnerung an diese enorme Standhaftigkeit Hz. Ibrahims und Hz. Ismails (ع) feiern die Muslime jedes Jahr das Opferfest ,das sich an die Pilgerfahrt anschließt zu dem von Hz. Ibrahim und Hz. Ismail (ع) erbauten Haus, die Kaaba.

In diesem Zusammenhang soll kurz erwähnt werden, dass Hz. Hagar, die Mutter Hz. Ismails (ع), in der Kaaba begraben ist. Dabei wird daran erinnert, in welcher Situation Hagar sich befunden hatte. Sie war eine Sklavin, von dunkler Hautfarbe, und sie war eine Frau. Sie besaß also alle Merkmale einer damals wie heute verachteten Gesellschaftsschicht. Dennoch, oder gerade deshalb, wurde sie von Allah so erhöht, dass sie Mutter eines Propheten wurde und ihre Grabstätte dort bekam, wo sich Jahr für Jahr die meisten Muslime versammeln, so dass ihr Grab das meistbesuchte der Welt ist. Es ist auch das einzige Grab im heiligen Bezirk der Kaaba.

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Quelle: www.muslim-markt.de

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