Die Statthalterschaftsverse – ‚Allamah Muhammad Hussein Tabataba’i

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[2:30-33] Und (damals) als dein Herr zu den Engeln sagte: „Ich werde auf der Erde einen Statthalter einsetzen“! Sie sagten: „Willst du auf ihr jemand einsetzen, der auf ihr Unheil anrichtet und Blut vergießt, wo wir (Engel) dir lobsingen und deine Heiligkeit preisen?“ Er sagte: „Ich weiß, was ihr nicht wisst.“

[2:31] Und er lehrte Adam alle Namen. Hierauf legte er sie den Engeln vor und sagte: „Tut mir ihre Namen kund, wenn (anders) ihr die Wahrhaftig seid!“

[2:32] Sie sagten: „Gepriesen seist du! Wir haben kein Wissen außer dem, was du uns (vorher) vermittelt hast. Du bist der, der Bescheid weiß und Weisheit besitzt“

[2:33] Er sagte: „Adam! Nenne ihnen ihre Namen!“ Als er sie ihnen kundgetan hatte, sagte Allah: „Habe ich euch nicht gesagt, dass ich die Geheimnisse von Himmel und Erde kenne? Ich weiß (gleichermaßen), was ihr kund gebt, und was ihr (in euch) verborgen haltet.“

Einleitung

Die Verse berichten über den Zweck Hinabsendung des Menschen ins Diesseits, über die Wahrheit der Statthalterschaft (des Menschen) auf der Erde und was ihre Konsequenzen und Eigenschaften sind. Im Gegensatz zu den anderen Geschichten im Koran ist diese Geschichte nur an dieser Stelle erschienen.

Woher wussten die Engel Bescheid?

Diese Worte im Vers [2:30] zeigen deutlich, dass die Engel das unausweichliche Anrichten des Unheils und das Vergießen des Bluts aus dem Wort Allahs „Ich werde auf der Erde einen Nachfolger einsetzen“ vorausgesehen haben, denn die irdischen Wesen, da sie aus Materie bestehen, setzen sich aus den Kräften des Zorns und der Lust zusammen und der Ort, in dem sie sich befinden, ist ein Ort der Konkurrenz, mit begrenzten Richtungen und vielen sich widersprechenden Interessen. Ihre Zusammensetzungen drohen aufgelöst zu werden und ihre Systeme und Gutmachungen können jeder Zeit nichtig und ungültig werden.

Das Leben bleibt unvollständig, wenn die Gleichartigen nicht zusammen sind und das Fortbestehen wird nicht gesichert, außer durch die soziale Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfe, und deswegen kann diese die Statthalterschaft nicht frei von Unheil sein. Dadurch haben sie verstanden, dass die gemeinte Statthalterschaft auf der Erde nicht erreicht wird, außer wenn es viele Individuen gibt und ein soziales System unter ihnen herrscht, das letzten Endes zum Unheil und zum Vergießen des Blutes führen würde.

Was war der Einwand der Engel?

Die Statthalterschaft und Vertreterschaft, die ja nichts anderes ist, als dass jemand die Rolle eines anderen übernimmt, kann nicht vollständig erreicht werden, außer wenn der Vertreter und der Statthalter dem Vertretenen in all seinen existenziellen Angelegenheiten, seinen Wirkungen, Urteilen und Planungen bzgl. dessen, worauf er die Statthalterschaft erhalten hat, entspricht. Und Allah (swt) in seiner Existenz hat die schönsten Namen und die vollkommensten Eigenschaften, sowohl die Schönheitsnamen als auch die Erhabenheitsnamen, er ist gepriesen und fern von jedem Mangel und erhaben in seinem Wirken über das Böse und das Unheil. Erhaben ist seine Allmacht, und der irdische Statthalter ist es, wegen den genannten Eigenschaften, nicht würdig ein Statthalter und ein Vertreter zu sein und er entspricht in seinen Eigenschaften, die jeden bekannten Mangel und jede Fehlerhaftigkeit aufweisen, nicht der geheiligten göttlichen Existenz, die von jeder Unvollkommenheit und von jedem Mangel frei ist. Denn wie gewaltig ist der Unterschied zwischen der Erde (bzw. der aus der Erde bestehenden Menschen) und dem Herrn aller Herren?

Und die Engel wollten dadurch verstehen, worüber sie im Unwissen sind und erklärt bekommen, was ihnen unklar geworden war, was diesen Statthalter betrifft. Ihre Reaktion war nicht aus Einwand oder Gegnerschaft zum Statthalter, und der Beweis ist, dass sie später sagten: „Du bist der, der Bescheid weiß und Weisheit besitzt“.

Denn die Worte der Engel führen zusammengefasst auf ihre Auffassung zurück, dass die Statthalterschaft dazu da ist, damit der Mensch den Vertretenen (Allah) preist und ihn in seiner Existenz heiligt, doch das Irdische lässt ihn dies nicht erreichen, sondern sie führt ihn zum Unheil und zum Bösen, und da der Zweck dieser Statthalterschaft, das Preisen und das Heiligen in dem erwähnten Sinne ist, „machen wir, Engel es doch sowieso, indem wir Dich preisen und heiligen, denn wir sind in diesem Sinne deine Vertreter bzw. lass uns deine Vertreter sein, denn was ist der Nutzen dieser irdischen Statthalterschaft?“ Und hier antwortete Allah (swt) indem er sagte: „Ich weiß, was ihr nicht wisst und er lehrte Adam alle Namen.“

Ist es eine Vertreterschaft Allahs?

Und dieser Kontext zeigt, dass zum einen, die erwähnte Vertreterschaft eine Vertreterschaft Allahs und keine Vertreterschaft von anderen irdischen Geschöpfen ist, die vor dem Menschen auf der Erde waren und ausgestorben sind, so dass Allah neue Nachfolger für sie erschaffen wollte, nämlich die Menschen, wie einige Exegesen meinten.

Das ist deswegen so, weil die Antwort, die Allah gegeben hat, indem er Adam alle Namen lehrte, zu einer Erklärung nicht passt. Und deswegen beschränkt sich die Statthalterschaft nicht nur auf die Person von Adam (ع) sondern umfasst auch seine Kinder, die auch einen Teil daran haben, und es gibt keine Besonderheit von Adam (ع) in dieser Hinsicht. Und die Bedeutung des Lehrens der Namen ist einfach das Einpflanzen des Wissens im Herzen des Menschen, so dass seine Spuren stetig und stufenweise in Erscheinung treten (können) und wenn er den richtigen Weg finden würde, würde er sein Potential zum Vorschein kommen lassen. Was diese umfassende Vertreterschaft noch mehr bestärkt, sind die folgenden Verse:
[7:69] Gedenkt doch (der Zeiten), als er euch, nachdem das Volk von Noah nicht mehr da war als Vertreter (Statthalter: Ar. Khulafa, Pl. von Khalifa) einsetzte und euch ein Übermaß an Körperwuchs verlieh!
[10:14] Und dann machten wir euch zu Statthalter auf der Erde
[27:62] Und er machte euch zu Statthalter auf Erde

Hatten die Engel also Recht?

Allah (swt) hat nicht bestritten, dass der irdische Statthalter Unheil anrichten (wird) und Blut vergießen wird. Er hat es auch nicht verneint, dass die Engel tatsächlich ihn preisen und heiligen, sondern er hat dies bestätigt aber er hat etwas anderes zum Vorschein gebracht. Und dies ist, dass es etwas gibt, was die Engel nicht tragen und nicht ertragen können, doch dieser irdische Statthalter kann das ertragen, der über Allah etwas weiß und von ihm ein Geheimnis kennt, das nicht im Bewusstseinskreis der Engel passen kann, und dadurch kann er ohne Zweifel das verrichtete Unheil und das Vergießen des Blutes überwinden.

Warum sind die Engel für die Statthalterschaft nicht würdig?

Und dann hat Allah (swt) sein Wort: „Ich weiß was ihr nicht wisst“ mit seinem Wort „Habe ich euch nicht gesagt, dass ich das Verborgene der Himmel und der Erde kenne?“ erklärt. Und mit diesem Verborgenem sind die Namen gemeint, nicht aber das Wissen Adams über sie. Denn die Engel wussten nicht, dass es Namen gab, die sie nicht wissen, und nicht etwa dass sie wussten, dass es Namen gibt, aber waren im Unwissen darüber, ob Adam diese kennt oder nicht. Denn sonst wäre die Frage von Allah (swt) über ihre Namen nicht zu erklären, sondern Er hätte sich dann auf die Frage an Adam beschränkt und davor die Engel nicht danach gefragt.

Somit zeigt dieser Kontext, dass sie behaupteten, dass sie für die Statthalterschaft würdig sind und dass Adam dessen nicht würdig ist und da der Vertreter Wissen über die Namen haben sollte, wurden sie nach den Namen gefragt. Aber sie wussten keine Antwort, doch Adam wusste es, und dadurch wurde bewiesen, dass er dessen würdig ist, sie aber nicht. Und da Allah am Ende noch sagte: „Wenn ihr wahrhaftig seid“, zeigt, dass sie etwas für sich beansprucht haben, das aber die Kenntnis über die Namen als Voraussetzung hatte.

Was ist die Natur dieser Namen?

Die richtige Interpretation
Der Vers [2:31] zeigt, dass diese Namen oder besser gesagt, die entsprechenden Genannten (waren) lebendige verstandsbegabte Wesen waren, die aber hinter dem Schleier des Verborgenen versteckt waren und dass das Wissen über ihre Namen etwas anderes als das Wissen war, das wir über die Namen der Dinge besitzen. Denn sonst wären die Engel, nachdem Adam sie über ihre Namen berichtete, wissend geworden und sie würden dann genau so wie Adam in dieser Hinsicht sein, und somit wäre dies keine besondere Ehre für Adam.

Die Namen sind nicht die Sprache:
Es ist auch keine Ehre mehr, wenn Allah (swt) ihm die Namen lehrt und ihnen dies nicht lehrt, denn wenn er ihnen das lehren würde, würden sie wie Adam werden, sogar noch edler. Und dies würde also nicht überzeugend sein und ihre Argumentation nicht widerlegen können. Und welcher Beweis wird vollständig, wenn Allah (swt) einen Mann die Sprache lehrt und welchen Glanz hätte das? Welcher Beweis wäre das vor edlen Engeln, die Sein Wort nicht widersprechen und Seine Befehle umsetzen, wenn er nur deswegen sagt: „Dies ist mein Statthalter und ihr nicht?“

Würde Allah sagen: „Berichtet mir über die Sprachen, die die Kinder Adams erstellen werden, und sie sich damit untereinander verstehen, wenn ihr in eurer Behauptung oder eurem Anspruch wahrhaftig seid?“ Vor allem weil wir wissen, dass der Zweck und die Vollständigkeit der Sprache nichts anderes ist, als die Absichten der Herzen zu kennen und die Engel brauchen da nicht zu sprechen, sondern sie kennen die Absicht und die Beweggründe und Meinungen ohne ein Mittel. Und aus dieser Hinsicht haben sie also noch einen Vorteil gegenüber dem Menschen, der sprechen muss, um sich äußern zu können.

Wissen von Adam und Wissen der Engel:
Zusammengefasst ist also das Wissen, das die Engel durch den Bericht von Adam über die Namen erlangt haben, ein ganz anderes Wissen als das, was Adam selbst durch sein Wissen, das Allah ihm lehrte, erlangt hat. Nur das erste Wissen, konnten die Engel ertragen, das andere aber nicht und Adam hatte das Recht auf diese irdische Statthalterschaft, weil er das Wissen über die Namen bekam, nicht aber weil er darüber berichten kann und das wird deutlich dadurch, dass die Engel auch danach sagen: Gepriesen seist du, wir wissen nichts, außer das, was du uns gelehrt hast. D.h. Sie haben auch nachher ihr Wissen bestritten.

Natur des Wissens von Adam:
Aus dem Erzählten sehen wir deutlich, dass das Wissen über die Namen dieser Genannten, so gewesen sein muss, dass es den Schleier vor ihren Wahrheiten und ihrer Person und ihrem Wesen entfernt hat, und nicht einfach nur ein Wissen über die Begrifflichkeit. Denn diese gewussten Genannten sind Wahrheiten, die außen wirklich existieren, und Wesen, die erfassbar sind und sie sind dennoch verschleiert hinter dem Schleier des Verborgenen. Das Verborgene der Himmel und der Erde, und das Wissen über sie, wie sie sind, sind zum einen nur einem irdischen Wesen zugänglich aber keinem himmlischen Engel und zum anderen ist es notwendig für die göttliche Statthalterschaft.

Untersuchung der Namen:
Und „die Namen“ im Vers „Und er lehrte Adam die Namen, alle“ zeigt die Allgemeinheit, wie die Sprachwissenschaftler sagen. Das wird auch durch „alle“ bestätigt, deswegen ist jeder Name eines Genannten ohne Einschränkungen gemeint. Denn Sein Wort(s.t) „legte sie … vor“, zeigt, dass jeder Name bzw. jeder Genannte lebendig ist und Wissen hat und dass er trotz allem hinter dem Schleier des Verborgenen ist, das Verborgene der Himmel und der Erde. Und da das Verborgene in Bezug auf die Himmel und die Erde genommen wird, auch wenn es manchmal so verstanden wird, dass das Verborgene ein Teil der Himmel und der Erde ist, doch da der Kontext darauf hinaus ist, die Vollkommenheit der göttlichen Macht zu zeigen und dass er alles umfasst, sowie die Unfähigkeit der Engel und ihr Mangel, ist es notwendig, dass dieser Bezug des Verborgenen zu den Himmeln und zur Erde etwas anderes bedeutet. Und zwar, dass die Namen Dinge sind, die sich nicht in den Himmeln oder auf der Erde befinden, sondern sie sind außerhalb des Umfangs des Universums.

Somit heißt es richtig: „ das den Himmeln und der Erde Verborgene“ Und wenn du diese Fakten betrachtest, also die Allgemeinheit der Namen und die Tatsache, dass ihre Genannten Leben und Wissen besitzen und dass sie auch das Verborgene der Himmel und der Erde sind, dann würdest du mit Sicherheit bestätigen, dass dies mit dem Vers [15:27] übereinstimmt, wo Allah (swt) mitteilt, dass alles, was es verdient hat, „Etwas“ genannt zu werden, bei Ihm(s.t) Vorräte besitzt, die bestehen bleiben und nicht leer werden können, die ohne Maß vorhanden sind und keine Grenzen kennen, weil sie unendlich sind. Aber auch dass die Maße und die Grenzen erst dann entstehen, wenn die Dinge herab gesandt werden und erschaffen werden, und dass die Fülle von Dingen in diesen Vorräten keine zahlenmäßige Fülle ist, die sich von den Messungen und den Grenzen nicht trennen kann, sondern auf die zahlreichen Stufen und Ränge zu beziehen ist, und dies wird, so Allah will, in der Sure Al-Hajar, behandelt.

Schlussfolgerung:
Dadurch wissen wir jetzt, dass diese Namen die Allah den Engeln vorlegte, edle Wesen sind, die bei Allah (swt) geschützt werden, durch deren Segen und Güte Allah jeden Namen in dieser Welt herab gesandt hat und aus deren Licht Er alles, was in den Himmeln und auf der Erde ist, gespalten hat, und dass sie sich, obwohl sie eine Gruppe sind, nicht so wiederholen, wie normale Dinge sich wiederholen, und sich nicht unterscheiden, wie normale Personen sich unterscheiden. Der Unterschied dort ist nur in den Stufen und den Rängen und dass die Hinabsendung der Namen mittels ihnen gemäß diesen Stufen und Rängen geschieht.

Wann warfen sich die Engel nieder und wann weigerte sich Iblis?

„Und ich weiß was ihr offenbart und was ihr im Geheimen hieltet“
Diese sind zwei Teile des relativen (relativ) Verborgenen, das ein Teil der Himmel und der Erde ist und deswegen wurde ihm gegenüber das Wort „Ich kenne das den Himmeln und der Erde Verborgene“ gestellt, das beide Arten des Verborgenen umfasst und zwar das, was sich außerhalb der Erde und der Himmel befindet und das, was dazu gehört.

Und der Ausdruck „im Geheimen hielt“ zeigt, dass es etwas gab, was verheimlicht wurde, betreffend Adam und seiner Statthalterschaft und dies kann man aus dem darauf folgendem Vers zum Vorschein bringen:
Sie warfen sie sich nieder, bis auf Iblis, er weigerte sich und war hochmütig und war einer der Ungläubigen.

Denn das zeigt, dass Iblis schon vorher ungläubig war, und dass seine Weigerung sich nieder zu werfen, mit diesem Unglauben zusammenhängt. Dadurch wird klar, dass die Niederwerfung der Engel und die Weigerung von Iblis nach: „Ich weiß, was ihr nicht wisst“ war und vor „Ich kenne das Verborgene der Himmel und der Erde“.

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Quelle: www.almizan.org

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