Ramadan – Der Fastenmonat im Islam

Wieder hat Monat Ramadan begonnen. Der Monat der Leib und Seele so gut tut. Der Monat, der alljährlich die Gelegenheit bietet, unser „Selbst“ besser kennen zu lernen und einzuschätzen. Mit Gott vertrauter zu werden. Unseren Lebensweg zu korrigieren. Es ist daher ein Anlass, zu dem man nur gratulieren kann.

In vielen Untersuchungen wird die Zunahme von seelischen Leiden, Depressionen und Belastungen von heute auf den modernen Lebensstil zurückgeführt. Das bedeutet, während in Wissenschaft und Technik immer größere Erfolge erzielt wurden und werden, haben die seelischen Probleme des Menschen nicht abgenommen, sondern sind im Gegenteil noch mehr geworden. Die Psychologen schlagen verschiedene Lösungen für die Überwindung dieser Probleme vor – wie Reisen, Lesen, Sport, Kontakte mit Verwandten und Freunden u.ä.

Dies sind sicherlich alles ratsame Wege, aber es gibt auch Psychologen die die eigentliche Lösung darin sehen, dass der Mensch von Gott überzeugt ist und mit ihm Kontakt aufnimmt. Sie vertreten fest die Ansicht, dass die Religion den Menschen mit einer überirdischen Macht in Berührung bringt. Einer Macht, in deren Hand die Sicherheit und der Friede in der Daseinswelt liegen. Sie sagen: Die Vertiefung in ein aufrichtiges Gebet bedeutet nicht nur für die Seele sondern auch für den Körper Erholung. Die Religion definiert, das Gute und das Schlechte. Wenn aber die Mitglieder einer menschlichen Gesellschaft Gut und Schlecht voneinander unterscheiden können, so hat dies heilsame Folgen: Sie kennen die Grenzen ihrer Freiheiten und Rechte – halten sich vom Schlechten fern und wenden sich dem Guten zu. Sie wollen die Gesundung des Geistes und der Seele, bemühen sich darum und entwickeln sich.

Dr. John Orly hat in diesem Zusammenhang gesagt: „Der Mensch ist im Verlaufe von Jahrhunderten zu der Erkenntnis gelangt, dass seine Existenz über der bloßen Existenz eines materiellen Körpers steht.“

Abu Ali Sina, der iranische Arzt, der in Europa Avicenna genannt wird, schrieb seinerzeit in seinem Werk „Escharat wa Tanbihat“: „Gesunde Seelen sind solche, die ihr von Gott mitgegebenes Wesen wahren und wegen der Verlockungen weltlicher Dinge nicht den Weitblick verlieren“.

Der Monat Ramadan hat begonnen! Er ist wie ein frischer Wind! Ein Bote mit der Botschaft von innerer Reinigung, von einer besseren Einstellung zum Leben, von der Erkenntnis über das wahre Lebensziel. Er öffnet das Fenster zu neuer Hoffnung: Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Warum nicht die Seele auf Hochglanz bringen? Warum sie verschließen vor dem Licht der Erkenntnis? Gott muntert alle auf, sich diesem Licht zu öffnen. Der Prophet (ص) berichtet, dass Er gesagt hat: „Wüssten die, die sich von mir abwenden und nicht auf mich hören, wie sehr ich auf ihre Reue und Rückkehr warte, so würden sie auf der Stelle vor Sehnsucht sterben…“

Es ist wieder an der Zeit, uns von all dem Trivialen und Alltäglichen, was unser Herz an sich bindet, zu lösen. Lassen wir es liegen! Wir sollten die Einladung Gottes annehmen! Es ist doch Ramadan! Dieser Monat bringt Segen! Es ist der Monat göttlicher Barmherzigkeit! Ja, wir begrüßen dich, Ramadan! Du bist wie eine Quelle, an der wir das Herz vom Staub und Schmutz befreien können. Wie schön es ist, sich – innerlich vom Schmutz befreit, Gott zuzuwenden, Ihn zu rufen, Ihn anzubeten, auf Ihn zu hören, und jeden Abend beim gemeinsamen Fastenbrechen freudig und dankbar auf einen reichen Fastentag zurückblicken zu dürfen. Wie schön das Gespräch zu Gott. Herz und Seele ihm zugewandt. Ihm – der Quelle allen Daseins. Ja es stimmt, wenn gesagt wird: innerer Friede wird durch die Preisung Gottes und das Gebet zu Ihm erreicht. Folgen wir doch dem Beispiel Imam Sajjads (ع) – wie er in seinem Gebet im Monat Ramadan spricht:

„O Gott, lass Mohammad und den Edlen aus seinem Hause Gruß und Segen zukommen und gibt, dass ich erkenne, dass dieser Monat über den anderen Monaten steht … Hilf, dass wir in diesem Monat wahrhaft fasten und enthaltsam sind!“

Der Prophet des Islam (ص) hat den Monat Ramadan wie folgt beschrieben:

„Der Monat Ramadan lässt sich durch drei Eigenschaften beschreiben: In den ersten 10 Tagen geht er mit der Barmherzigkeit Gottes einher. In den zweiten damit, dass Gott verzeiht und in den letzten 10 Tagen bedeutet er die Befreiung vor dem Feuer der Verdammnis.“

Ein Weiser gab einmal folgenden guten Rat: „Ihr Lieben, seid darum bemüht in diesem bedeutenden Monat, dem Monat Ramadan, richtig zu fasten.“ Er wurde gefragt: „Wie fastet man richtig?“ Und er antwortete: „Ein richtiges Fasten bedeutet, die Herzen von Hass und Eifersucht zu befreien. Die Zunge zu zäumen und nicht über die schlechten Eigenschaften anderer zu sprechen, jemanden zu verleumden oder seine Fehler zu bemängeln. Es bedeutet, die Augen von dem abwenden, was unwürdig ist, und die Ohren vor sinnlosem Gerede zu verschließen.“

Prophet David (ع) sprach einst zu Gott: „O Gott! Was gibst du jenem, der einen Tag für dich fastet?“ Da erwiderte Gott ihm: „Das Fasten gilt mir und ich erteile daher die Belohnung. Der Fastende kann sich über zwei Dinge freuen: Einmal, wenn er das Fasten am Ende des Fastentages bricht und zum anderen wenn er seine Belohnung erhält. Ich werde ihm 10 Dinge schenken: Seine Sünden verzeihe ich, ich werde ihn hoch belohnen, ich lasse ihn die Nähe meiner Barmherzigkeit spüren, er wird durch ein Tor ins Paradies eingelassen, das für die Fastenden bestimmt ist, er wird am Jüngsten Tag nicht durstig sein, er ist eingetaucht in meinen Segen, ich kleide den Fastenden in das Gewand der Gottesfürchtigen. Ich schreibe seinen Namen zu den Namen der Aufrichtigen, erhöre sein Gebet und schenke ihm Weisheit.“

Das Beten ist eine der besten und schönsten Möglichkeiten, mit dem in Verbindung zu treten, der uns erschaffen hat. Einmal wurde der Prophet (ص) gefragt: „Ist Gott nahe, so dass ich leise zu ihm beten und ihn preisen kann oder ist er weit weg und ich muss ihn mit lauter Stimme rufen.“ Der Prophet (ص) wollte gerade antworten, als ihm plötzlich ein Koranvers eingegeben wurde. Dieser erhielt eine Antwort auf diese Frage, die für alle Zeiten für die Gottesanbeter gilt. Und sich im 186. Abschnitt der 2. Sure verewigte: dort wo es heißt:

„Und wenn dich meine Diener über mich fragen, sag: Ich bin sehr nahe und erhöre, das Gebet des Betenden, wenn er mich ruft. Sie sollen auch auf mich hören und an mich glauben, damit sie den rechten Weg gehen.“

Der Prophet des Islam (ص) hat gesagt: „Die Schwächsten sind die, die nicht zu Gott beten und ihn nicht anbeten können und sich selbst diesen großen Segen vorenthalten.“  Wenn sich der Mensch einerseits seiner vielseitigen Abhängigkeit und Bedürfnisse bewusst wird, und andererseits daran glaubt, dass Gott auf nichts und niemanden angewiesen und einzigartig ist, wird er versuchen, dieser Quelle alles Guten und der Reinheit näher zu kommen und alles zu tun, um seine Zufriedenheit zu gewinnen. Der Mensch braucht Gott im ganzen Leben. Das verspürt er insbesondere, wenn er in Not ist, und Sorgen ihn plagen. In solchen Augenblicken spürt er deutlich das Bedürfnis nach der Barmherzigkeit Gottes und so beginnt er zu beten.

Johann Eckhart, bekannter deutscher Philosoph hat gesagt: „Fragen sie, warum wir beten? Warum wir fasten? Und warum wir gute Werke tun? Ich antworte wie folgt: durch diese Handlungen erfährt unsere Seele dank göttlicher Huld, eine Wiedergeburt. Oftmals sind wir Zeuge, dass die Gebete von vielen nicht erhört werden und ihre Wünsche nicht in Erfüllung gehen. Doch alle Gebete, die aus aufrichtigem Herzen kommen, werden von Gott beachtet. Der Prophet des Islam hat gesagt: Jeder der zu Gott betet und in seinem Gebet nicht um Sündiges bittet, dem wird eines von drei Dingen zuteil: Entweder wird sein Gebet unmittelbar erhört, oder es wird in der kommenden Welt gespeichert oder durch sein Gebet wird ein bittreres Ereignis und ein Leid von ihm ferngehalten.“

Ein großer Mystiker namens Ibrahim Adham wurde einmal gefragt: Warum werden unsere Wünsche nicht erfüllt, wenn wir beten. Er gab zur Antwort: „Weil ihr Menschen, Gott erkannt habt, aber seine Gebote im Leben nicht anwendet. Ihr ehrt den Propheten, aber ihr nehmt ihn euch nicht zum Vorbild im Leben. Ihr habt den Koran erhalten, aber ihr führt seine Anweisungen nicht durch. Ihr glaubt an das Paradies, aber ihr gebt euch keine Mühe, es zu erreichen. Ihr kennt Satan, aber ihr bekämpft ihn nicht, sondern gehorcht ihm.“

Der Vorzug der Menschen gegenüber den anderen Lebewesen ist sein Verstand, und was die Verständigen voneinander unterscheidet und den einen über den anderen stehen lässt, sind Wissen und Charakter. Ein guter Charakter prägt das Verhalten des Menschen. Ist er freundlich zu den anderen und behandelt er sie richtig, so deutet dies auf seinen guten Charakter hin. Sich einen guten Charakter zulegen: Das ist einer der Grundsätze, den der Fastenmonat Ramadan empfiehlt.

Der Monat Ramadan ist eine gute Gelegenheit, Freundlichkeit und richtigen Umgang mit den anderen zu üben, damit uns eine solches Verhalten zur lieben Gewohnheit wird und wir nach diesem Monat weiter so bleiben. Schon mit einem netten Gruß und einem freundlichen Lächeln können Unstimmigkeiten zwischen zwei Menschen wieder aus der Welt geschafft werden, und wie viele Freundschaften kamen nicht schon auf diesem einfachen Wege zustande! In der islamischen Überlieferung heißt es, dass freundliche Menschen Gott näher sind und es heißt auch, dass diese schöne Angewohnheit dem Menschen in diesem und im kommenden Leben Wohl und Glück bringt. Ein freundlicher Charakter ist dem Menschen eine große Hilfe im Leben. Jeder verkehrt gerne mit einem Menschen, der nett ist. Solche Menschen haben – wie die Erfahrung zeigt – mehr Erfolg im Leben. Schauen wir uns nur das Leben des Propheten des Islam an! Ein wichtiger Grund für seine Ausstrahlungskraft war sein edles Denken und Handeln. Seine Güte ist zweifelsohne einer der Gründe gewesen, dass die Menschen sich im zuwandten. Gott hat im Heiligen Koran das milde Wesen des Propheten als eine göttliche Segensgabe bezeichnet. Der Prophet war zu allen freundlich, selbst zu denen, die auf dem Irrweg waren.

Anas ibn Malik berichtet: „10 Jahre lang habe ich dem letzten der Gottgesandten, Hasrate Muhammad, gedient. Er hat mich in dieser Zeit niemals hart behandelt. Stets war sein Verhalten würdig. Ich erinnere mich, wie er im Monat Ramadan abends immer mit etwas Milch und Brot sein Fasten brach. Einmal kam er später als sonst nach Hause. Ich dachte, er wäre bei jemandem eingeladen gewesen. Deshalb aß ich seine Fastenspeise auf. Doch eine Stunde später kehrte der Prophet zurück. Ich fragte seinen Begleiter: Hat der Prophet etwas zum Fastenbrechen gegessen? Der antwortete Nein! Da wurde mir ganz anders und ich dachte nur noch: Nicht dass der Prophet etwas zum Fastenbrechen will! Doch der Prophet sah mich mit seinem freundlichen Lächeln im Gesicht an und brach sein Fasten mit etwas Wasser. Da begriff ich, dass er wusste, was passiert war. Aber nicht nur an dem Abend sondern bis an sein Lebensende hat er kein einziges Wort darüber zu mir gesagt.“

Folgende Worte stammen vom Propheten des Islams (ص): „Dessen Glauben ist mehr wert, dessen Charakter und Verhalten besser ist und ich mag den am meisten, dessen Charakter und Verhalten am besten ist.“

An anderer Stelle sagte er (ص): „Der wichtigste Grund , der mein Volk das Paradies und ewiges Glück erreichen lässt, sind die Gottesfürchtigkeit und das gute Verhalten.“

Auch Luqman, der Weise, empfahl seinem Sohn: „Wenn du deinen materiellen Besitz, mit dem du an deinen Verwandten und Freunden gute Werke tun könntest, verlieren solltest, so verlier nie dennoch nie den anderen Reichtum namens: Freundlichkeit und Güte.“

In einem Wort von Imam Baqir (ع) heißt es: „Beginn jeden Tag wie ein Gelehrter oder ein Schüler. Nimm dich davor in Acht, dass dein Leben begleitet von blind machenden Vergnügungen und schädlichen Genüssen – vorübergeht.“

Der Mensch betet zu Gott, seinem Schöpfer, weil er auf dessen Segen und Hilfe hofft. Wenn er betet, verspürt er: Gott steht über allem und er, der Betende, ist Sein Diener. Daher wird in der Gottesanbetung ein Sich-Gott-Nähern verstanden. Der Mensch tritt hierdurch mit der höchsten Macht in Verbindung. Er bekennt sich zu seiner Schwäche, in der Hoffnung, dass Gott ihm Hilfe schickt. Gott, der Allbarmherzigste ruft selber im Koran die Menschen auf, sie sollen zu Ihm beten, damit Er sie erhört. Er mahnt aber auch die, die zu stolz sind, Gott anzubeten, vor den Folgen dieses Verhaltens. Einmal betete einer tief in der Nacht flehentlich zu Gott und rief ihn immer wieder. Und wie er so immer wieder Gott bei seinem schönsten Namen rief: Allah, Allah, begann er sich zu beruhigen. Iblis gefiel dies nicht. Er flüsterte dem Betenden ein: Mein Lieber! Siehst du denn nicht, dass Gott nicht auf dein Beten und Flehen hört und dir nicht antwortet? Warum beharrst du noch darauf! Die Intrige schlug an. Sein Opfer ging ihm ins Netz. Eben noch innig zu Gott flehend, brach der Mann sein Gebet ab: Er hatte tatsächlich die Hoffnung aufgegeben. Daraufhin überkam ihn der Schlaf. Im Traum sah er den Propheten Khizr in einem wunderschönen grünen Garten. Dieser fragte ihn: Warum hast du denn dein Gebet abgebrochen? Der Mann klagte: So sehr ich auch Gott rufe, er antwortet mir nicht. Vielleicht lässt er mich nicht mehr zu sich? Khizr aber sprach: O Diener Gottes, Gott hat mich beauftragt dir zu sagen; muss dir Gott denn laut antworten? Schon alleine die Tatsache, dass du immer wieder Seinen Namen rufst ist ein Zeichen dafür, dass Gott auf dich schaut …

Natürlich wird jemand, der die anderen unterdrückt und sich hartnäckig gegen Recht und Wahrheit stellt, wohl kaum die Huld Gottes erfahren. Maulana Jalaluddin Rumi verweist in einem seiner Gedichte auf diese Wahrheit und spricht vom Pharao, der mit seiner schmutzigen Seele es nicht würdig war, Gott zu rufen.

Es sind kostbare Augenblicke in denen wir im Fastenmonat Ramadan zubringen. Augenblicke, in denen uns noch mehr als sonst der göttliche Segen zuteil werden könnte. Sollten wir diese Gelegenheit nicht so gut wir können nutzen? Wann haben wir denn das Jahr über so oft die Möglichkeit, am frühen Morgen wach zu sein und diese schönen spirituellen Momente vor dem ersten Morgenlicht zu durchleben und so richtig Gottes Nähe zu spüren? Es ist die beste Zeit für ein Gebet zu Ihm. Für die Bitte um Sein Verzeihen, für die Vertiefung in seine kostbare Schrift – den Heiligen Koran.

Es gibt keinen Satz im Koran, der nicht seinen Reiz hätte und keine Botschaft an die Menschheit enthielte. Doch von einigen Koranversen fühlt sich der Mensch besonders angezogen. Zum Beispiel vom Koranvers 53 der Sura ‚Der Stern’, Ayat 39. Die Koranausleger sehen in ihm einen der Koranverse, die besonders Hoffnungs spendend sind. In diesem Vers wird der Prophet (ع) aufgefordert, folgende Botschaft zu verbringen: O meine Diener, die ihr euch durch eure Sünden gegen euch selber vergangen habt, gebt nicht die Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit auf. Allah verzeiht alle Sünden. In der Tat! Er ist der Vergebende der Barmherzige.

Dieser Satz im Koran gibt die frohe Botschaft darüber, dass der Weg zur Abkehr von der Sünde offen steht und die Menschen auf Gottes Vergebung hoffen können. Gott nimmt sie auf, wenn sie bereuen und sich ihm wieder zuwenden. Das Schuldgefühl, dass der Mensch wegen begangener Sünden empfindet, kann den Menschen darzubringen, dass er von schlechten Taten ablässt. Manchmal aber macht gerade das Schuldgefühl dem Menschen die Rückkehr schwer, insbesondere wenn er Schlimmes getan hat und denkt, dass seine Sünden so groß sind, dass Gott sie nie vergeben wird. Dieses Gefühl bereitet ihm Alpträume und treibt ihn in die Hoffnungslosigkeit. Er sieht keinen Ausweg mehr und wagt den Schritt nach vorne nicht. Dies hält ihn davon ab, sich reuevoll Gott zuzuwenden und sich zu ändern.

Der Islam schlägt eine Lösung für dieses Problem vor. Sie lautet: auf die grenzenlose Barmherzigkeit Gottes hoffen. Diese Hoffnung gibt dem Menschen wieder Selbstvertrauen und Zuversicht. Durch sie fasst er sich ein Herz und wendet sich erfreut Gott, dem Allbarmherzigen, zu. Wahre Reue ist immer ein geeignetes Mittel, um sich von einer schlechten Vergangenheit zu trennen und ein neues fruchtbares Leben zu beginnen. Gott öffnet die Tore zu seiner Barmherzigkeit für alle Menschen und ruft die Sünder zu sich.

Für die erneute Zuwendung zu Gott müssen jedoch gewisse Bedingungen erfüllt werden. Der Mensch muss auf den Empfang der göttlichen Barmherzigkeit vorbereitet sein. Er muss innerlich eine Wandlung erfahren und sein Verhalten ernsthaft überdenken. Nach seiner reuevollen Rückkehr muss er die Grundlagen des Glaubens und der Moral, welche aufgrund seines sündigen Verhaltens, zerstört wurden, wieder aufbauen.

Sind diese Vorbedingungen erfüllt, so kann der Mensch frohgemut und hoffnungsvoll Schwächen wieder gut machen und Gott zufrieden stellen.

Eine Gesellschaft, in der es keine Nächstenliebe mehr gibt, kann sich wahrhaftig nicht glücklich nennen. Menschenliebe ist ein deutliches Kennzeichen der Gottgesandten gewesen. Sie praktizierten und lehrten sie. Auch der Islam legt den Menschen ans Herz, die Beziehungen zu den anderen zu pflegen.

Was aber lässt die Atmosphäre in einer Gesellschaft freundlicher werden? Sind es nicht Dinge wie anderen helfen, nur das Beste für sie wollen, sie höflich behandeln, insbesondere die Älteren, liebevoll mit Kindern umgehen, sich um Waisenkindern kümmern, sich gegenseitig besuchen und Krankenbesuche machen, gute Werke tun usw.? – Das alles trägt doch zu einer humanen Gesellschaft bei! Handlungen wie diese bringen Wärme in das gesellschaftliche Leben. Sie bringen die Menschen einander näher – im Gegensatz zu Stolz, übler Nachrede, Gleichgültigkeit gegenüber den anderen, das Schikanieren anderer usw. Letztere rufen nur Zwiespalt und Missstände hervor.

Anderen Gutes tun und ihnen helfen, hat Gottes Zufriedenheit zur Folge, und lässt Freude in die Herzen einkehren. Der Prophet des Islam (ص) sagt: „Die Herzen der Gläubigen zu erfreuen, gehört zu den Dingen, die Gott am liebsten sieht.“ Imam Sadiq (ع) hat über Gottesdiener berichtet, deren Gesichter am Jüngsten Tag vor Freude über den Segen, der ihnen von Gott zuteil wird, leuchten. Er sagte: „Das sind die, die Gott zuliebe einander liebten und gut zueinander waren.“

Der Monat Ramadan ist eine Gelegenheit zur Festigung der Beziehungen zwischen den Menschen. In diesem Monat werden bestimmte Sitten gepflegt, die zur Stärkung der Beziehungen unter den Muslimen beitragen. Eine dieser Sitten besteht darin, die anderen zum Fastenbrechen einzuladen. Diese Sitten haben sogar Nicht-Muslime auf sich aufmerksam gemacht. Ein französischer Soziologe namens Frank Fargossi nannte das Fasten einen Grund für die guten Beziehungen unter den Muslimen. Er sagt: „In diesem Monat gibt es die schöne Sitte, den Bedürftigen zu helfen und die Armen zu speisen. Sie fällt heute noch mehr als früher ins Auge. Die großen Moscheen in Frankreich stehen allen zum Fastenbrechen offen. Und nicht nur Muslime sondern auch Nichtmuslime können teilnehmen.“

Dieser französische Soziologe sagt weiter: „Die Muslime verteilen im Monat Ramadan Essen unter den Armen in Paris. Dieser Brauch zerstört das Bild, das wir Franzosen vom Islam haben, nämlich dass dies ein abgekapseltes religiöses System sei. Die Pforten zur islamischen Gesellschaften bleiben immer für die Nicht-Muslime geöffnet.“

Als Moses (ع) auf dem Berg Tur zu Gott betete, rief er ihn mit den Worten „O Gott der Weltbewohner“. Gott antwortete: „Ich habe deinen Ruf erhört.“ Ein zweites Mal rief Moses (ع) Ihn – diesmal mit den Worten „O Gott der Gottgehorsamen“! Wieder antwortete ihm Gott. Als Moses (ع) jedoch zu Gott rief: „O Gott derer, die gesündigt haben!“ Da hörte Moses (ع) Gott gleich dreimal auf das Gebet antworten. Er wunderte sich und fragte: „Wie kommt es, dass du meinen letzten Ruf gleich dreimal beantwortet hast?“ Da sprach Gott: „Moses! Die Mystiker hoffen aufgrund ihres Wissen, die Wohltätigen wegen ihrer guten Werke und die Gottgehorsamen aufgrund ihres Gehorsams. Doch die Sünder haben außer meiner Gnade nichts anderes, auf dass sie sich stützen könnten. Wenn sie auch keine Hoffnung mehr haben könnten, dass Ich ihnen helfe, an wen sollten sie sich dann noch wenden?“

Der Mensch hat sowohl eine materielle als auch eine immaterielle Existenz, was ihn von den anderen Lebewesen unterscheidet. Körper und materielle Bedürfnisse sind seine materielle und die Menschlichkeit seine immaterielle Seite. Es sind zwei sehr unterschiedliche Seiten.

Unterdessen sind Tiere nicht von ihren typischen Eigenschaften zu trennen. Zum Beispiel besitzt ein Tiger immer die Eigenschaft eines Raubtiers. Mit anderen Worten: Er bleibt ein Tiger. Aber nicht jeder Mensch bleibt wirklich Mensch mit all den guten Eigenschaften, die einen wahren Menschen kennzeichnen. Wenn es auch viele wahre Menschen gibt, so begegnen wir dennoch einigen, die zwar wie Menschen aussehen, aber dennoch nichts mehr Menschliches an sich haben und weit davon entfernt sind, menschlich zu sein.

Die Menschlichkeit ist eine spirituelle Angelegenheit. Sie ist nur durch Anstrengung und Selbstkontrolle erzielbar. Doch sind wir oft so sehr in weltliche Angelegenheiten verwickelt und denken so wenig nach, dass wir das Ideal eines Menschen gar nicht erreichen können und davon abgehalten werden, spirituell Erfolge zu erzielen und mit anderen Worten: gut zu sein.

Im Koran aber wird der Mensch, der keine Menschlichkeit besitzt als tot bezeichnet.

Mowlana Jalaluddin Rumi, der namhafte iranische Dichter und Mystiker hebt hervor, dass der Mensch im Grunde ein kostbares Wesen ist und es seiner Würde entspricht, sich mit wertvollen menschlichen Eigenschaften zu schmücken. Er vergleicht die Menschen mit Steinen, die im Licht liegen. Nur der Rubin unter ihnen kann im Sonnenlicht die besonderen Eigenschaften, die er in sich verbirgt, zeigen. Auch der Mensch kann seine kostbaren inneren Fähigkeiten entfalten. Mowlana mahnt ihn:

O Mensch, auch du versuch dich über die Materie zu erheben, damit die edle Essenz deines Wesens erstrahlt!Suche zu mindern das Steinige in dir,
so dass der Rubin in ihm erleuchte dafür!
Bleib stark im Kampf ums Gute und in der Not!
Siehst du beim Atmen doch das Leben vermischt mit Tod –
Sobald die Wesensart des Steins in dir erschwachen wird,
des Rubins Wesensart in dir erstarken wird.

Der Heilige Koran gibt die gute Nachricht davon, dass der Mensch die spirituelle Vervollkommnung erreichen kann. Er muss sich nur der Religion zuwenden und sich die Gottesfreunde im Leben zum Vorbild nehmen. Der Mensch kann eine Wiedergeburt erfahren, indem er Gott und Seinem Propheten folgt. Die Freundschaft zu Gott und dem Propheten bringt wertvollen Segen: Der Mensch kann sich durch sie mit wahren menschlichen Werten schmücken.

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Quelle: IRIB – Das deutsche Programm

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