Was ist die Pilgerfahrt?

Die Pilgerfahrt ist:

1)     Eines der wichtigsten Säulen des Islams

2)     Ein Weg um Allahs Nähe wahrzunehmen

3)     Eines der schwierigsten körperlichen Formen des Verehrung

Das Hauptziel der menschlichen Schöpfung ist die Anbetung Allahs. Durch die Kenntnis über Ihn entsteht in uns Liebe zu Ihm. Das ist jedoch abhängig vom eigenen Stolz und Reinheit der Seele. Je reiner die Seele ist, desto größer ist die Liebe zum Allmächtigen.

Diese Stufe der Liebe kann jeder erreichen, wenn er sich von seinen Begierden und den weltlichen Dingen befreit. Wer sein Gebet regelmäßig und vor allem pünktlich verrichtet, ist auf dem besten Weg. Allah hat uns einige Formen der Anbetung (Ibadat) vorgeschrieben, damit wir Selbstdisziplin erlangen.

  • Dazu gehört das Spenden vom eigenen Wohlstand z.B. durch Zakaat und Khums. Dadurch lösen wir uns, von unserer weltlichen Besessenheit.
  • Dazu gehört die Enthaltung von Begierden und Vergnügen z.B. durch das Fasten.
  • Durch das fünfmalige Gebet (Salaat/Namaaz) richten wir unsere Aufmerksamkeit auf Allah und Gedenken Seiner Barmherzigkeit und Gnade.

Die Pilgerfahrt (Hajj) enthält all diese Punkte und noch viel mehr:

  • Das verlassen der Heimatstadt
  • Körperliche Anstrengung
  • Ausgabe vom eigenen Vermögen
  • Erneuerung des Bundes mit Allah
  • Rundlauf um die Kaaba (Tawaaf)
  • Bittgesuch (Dua)
  • Gebete (Salat/Namaaz)

Und andere Dinge, wie das Werfen von kleinen Steinen, das Rennen zwischen Safaa und Marwah usw.

Bei der Pilgerfahrt versammeln sich Menschen aus allen Teilen der Welt an einem einzigen Ort. Es ist der Ort, an dem sich die Größe der göttlichen Offenbarung widerspiegelt. Und dennoch zeichnet diesen Ort wahre Schlichtheit aus. Es ist ein Andenken an den ersten Aufruf Gottes zur Einheit und der Ort, an dem sich die Einheit des Wortes verwirklicht. Hier setzen sich Muslime für ihren Glauben ein, wurden vertrieben und kamen als Sieger zurück. Eine der weiteren Erkenntnisse der Hajj ist das Wissen um den eigenen Gegner. Die Steinigung des Satans während der Pilgerfahrt steht symbolisch für den Widerstand gegen den inneren und äußeren Feind.

Der Mensch nimmt sich als Individuum und zugleich als Teil der Gemeinschaft (Ummah) wahr und lernt sein Eigenes Ich kennen. Der Pilger umkreist die Kaaba gemeinsam mit seinen Glaubensgeschwistern – Schulter an Schulter, einheitlich gekleidet, ohne dass Rang, Stellung, Rasse, Hautfarbe oder Titel die kleinste Rolle spielen. Im alltäglichen Leben trüben oftmals von uns selbst geschaffene irdische Zwänge den Blick für die eigentlichen Wahrheiten des Daseins. Der Mensch, der sich als Teil einer Ummah zu verstehen lernt, kann die Kluft überwinden, die unsere Ummah aus niederen Beweggründen wie Machtgier, Nationalstolz, Arroganz und Ignoranz heraus in unterschiedliche, zum Teil sich befeindete Lager gespalten hat. Die Hajj ermöglicht eine Begegnung von Millionen Muslimen aus den verschiedensten Regionen dieser Erde, die als eine Herausforderung zu verstehen ist, künstliche Barrieren wie Nationalität, Geschichte und Sprache zu sprengen und Muslime einander näher zu bringen.

Malcolm X beschreibt seine Pilgerfahrt so: „Nie zuvor habe ich eine derart aufrichtige Gastfreundschaft und einen derart überwältigenden Geist wahrer Brüderlichkeit erlebt, wie sie mir von Menschen aller Hautfarben und Rassen hier im Heiligen Land, dem Lande Abrahams, Muhammads und all der anderen Propheten der Heiligen Schriften, entgegengebracht wurden. Während der ganzen vergangenen Woche war ich sprachlos und völlig fasziniert von der Freundlichkeit, die ich überall um mich herum an Menschen aller Hautfarben beobachten konnte. Mir ist die Segnung zuteil geworden, die Heilige Stadt Mekka zu besuchen. Geführt von einem jungen Mutawaf namens Muhammad habe ich die Kaaba siebenmal umschritten. Ich habe Wasser aus der Heiligen Quelle Semsem getrunken, bin siebenmal zwischen den Hügeln AI-Safa und AI-Marwah hin und her gewandert. In der uralten Stadt Mina und auf dem Berg Arafat habe ich meine Gebete zu Allah gesprochen.

Dort waren Zehntausende von Pilgern aus der ganzen Welt. Unter ihnen waren alle Hautfarben vertreten, von blauäugigen Blonden bis zu schwarzhäutigen Afrikanern. Aber wir nahmen alle am selben Ritual teil und verbreiteten einen Geist der Einheit und der Brüderlichkeit, wie ich ihn nach meinen Erfahrungen in Amerika zwischen Weißen und Nichtweißen für unmöglich hielt.

Amerika muss unbedingt lernen, den Islam zu verstehen, weil er die einzige Religion ist, die in der Lage wäre, das Rassenproblem dieser Gesellschaft zu beseitigen. Während meiner Reisen in der islamischen Welt habe ich Menschen getroffen, habe mit ihnen gesprochen und sogar mit ihnen gegessen, die man in Amerika als „weiß“ bezeichnen würde – aber ihr islamischer Glaube hatte alles, was wir als „weiße“ Haltung kennen, aus ihrem Geist entfernt. Ich habe niemals zuvor erlebt, dass Menschen aller Hautfarben gemeinsam eine derart aufrichtige und wahre Brüderlichkeit praktizieren können, ohne dass die Hautfarbe eine Rolle spielte.

Vielleicht werden Sie erschüttert sein, diese Worte aus meinem Munde zu hören. Aber was ich auf dieser Pilgerfahrt gesehen und erfahren habe, hat mich dazu gebracht, viele meiner bisherigen Denkschemata zu verändern und einige meiner früheren Schlussfolgerungen über Bord zu werfen. […] Während der vergangenen elf Tage hier in der islamischen Welt habe ich vom selben Teller gegessen, aus dem selben Glas getrunken und im selben Bett geschlafen (oder auf dem selben Teppich) und zum selben Gott gebetet wie meine muslimischen Glaubensbrüder mit ihren blauen Augen, blonden Haaren und ihrer weißen Haut. In den Worten und Taten der ‚weißen‘ Muslime war dieselbe Aufrichtigkeit zu spüren, wie ich sie unter den schwarzen Muslimen aus Nigeria, dem Sudan und Ghana empfand. Wir waren wahrhaftig alle gleich (Brüder), weil der Glaube an den Einen Gott alles ‚Weiße‘ aus ihrem Geist entfernt hatte, aus ihrem Verhalten und aus ihrer Gesinnung. Daran wurde mir deutlich, dass die Weißen in den Vereinigten Staaten, wenn sie die Einzigartigkeit Gottes akzeptieren könnten, dann vielleicht auch in der Realität die Einzigartigkeit der Menschheit akzeptieren könnten – und aufhören würden, andere aufgrund ihrer ‚Verschiedenartigkeit‘ in der Hautfarbe zu bewerten, zu behindern und zu verletzen.“

Die Absicht der Pilgerfahrt (Hajj)

  1. Die Absicht (Niyyah) muss rein und aufrichtig sein und nicht für weltliche Beweggründe herhalten, wie z.B. Angeberei (Riyaa), Tourismus, Berufliche Gründe, Interesse an der Architektur usw.. All diese Beweggründe zerstören die Aufrichtigkeit der Taten und führen zur Entziehung der versprochenen Belohnungen. Es ist töricht, all diese Dinge auf sich zu nehmen, um am Ende verurteilt zu werden, weil man die eine falsche Absicht hatte.
  2. Man sollte ganz ehrlich seine vergangenen Sünden bereuen und sich von jeglicher Ablenkung fernhalten, damit die Gedanken sich auf Allah konzentrieren. Man sollte sein Testament schreiben und sich vorbereiten auf die Reise ins Jenseits, so als würde man sein Haus, seine Verwandte, seine Freunde und Eigentum hinter sich lassen.
  3. Man sollte an die Kaaba denken und seinem absoluten Besitzer. Man hat seine Familie, Freunde und Besitz verlassen um dieses majestätische Haus zu besuchen, dass Allah für die Menschen geschaffen hat. Diese Reise unterscheidet sich von anderen weltlichen Reisen. Der Pilgernde antwortet der Einladung, die durch Allahs Gesandten (Rasulallah) erteilt wurde.
  4. Der Pilgernde sollte sich von allen Gedanken lösen, die ihn Sorgen machen und sich total auf Allah konzentrieren.
  5. Jede finanzielle und körperliche Beschwerde sollte fröhlich entgegengenommen werden, weil es ein Zeichen der Inkaufnahme ist.
  6. Der Pilgernde sollte sich sein Verdienst auf ehrliche Weise verdient haben und es großzügig ausgeben, aber nicht verschwenderisch (Israaf).
  7. Er sollte sich höflich gegenüber den anderen Reisenden benehmen und stets gut gelaunt sein. Streitereien und harte Wörter sind strengstens untersagt. Er sollte sich demütig gegenüber den anderen Gästen Allahs verhalten. Dazu gehört nicht nur, dass man andere nicht beleidigt, sondern es auch mit viel Geduld erträgt, wenn man selber verletzt wird.

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übersetzt von Hessam K.
Quellen: www.ezsoftech.com, Imam Khameneis Botschaft zur Pilgerfahrt, Auszüge aus „Malcolm X – Die Autobiographie“

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