Viel Fragerei oder blinde Nachahmung?

Aus dem vorangegangen Kapitel können wir schlussfolgern, dass wir das Recht haben die Gesetze Allahs zu hinterfragen. Wenn wir nämlich dieses Recht nicht hätten, dürfte es auch früher keine Diskussionen gegeben haben. Die Imame (ع) hätten ihre Gefährten bei jeder Frage zur blinden Nachahmung ermahnen müssen. Wir wissen jedoch, dass sie sich für Verständnis und Überzeugung einsetzen. Imam Ali (ع) sagte: „Fragt mich, worüber ihr möchtet.“ Es ist falsch anzunehmen, dass die Erforschung der islamischen Gesetze, den Gottesgehorsam schwächt. Ganz im Gegenteil: Schöne nachvollziehbare Erklärungen befriedigen unseren Intellekt und führen zu innerer Zufriedenheit. Wir sind danach viel geneigter ein bestimmtes islamisches Gebot in unseren Alltag zu integrieren. Es gibt aber auch Muslime, die genau das Gegenteil denken. Ihrer Meinung nach seien die logischen Gründe unwichtig. Im Mittelpunkt müsse der Gehorsam gegenüber Allah (swt) stehen. Welche Gruppe hat nun Recht? Beide Gruppen haben Recht. Wir besitzen zwar ein Fragerecht, aber trotz aller Bemühungen ist unsere menschliche Verstandesskapazität begrenzt. Wenn der Mensch alles wissen könnte, würde es irgendwann ein Ende der Forschung geben. Das wäre der Tod aller Wissenschaften.

Die Propheten (ع) und Imame (ع) klärten ihre Anhänger über die Vor- und Nachteile islamischer Ge- und Verbote auf. Die negativen Auswirkungen von Ehebruch, Trinksucht, Diebstahl, Rache, Krieg und vieles weitere mehr, konnten von jedem Mitglied der Gesellschaft wahrgenommen werden. Somit konnte jeder Mensch die Gesetze des Islams mit zunehmender Lebenserfahrung immer besser nachvollziehen. Ihr Alltag bewies die Vernünftigkeit der göttlichen Befehle. Bei Fragen und Kritik wandte man sich an den Propheten (ص), seinen Nachkommen (ع) oder suchte im heiligen Quran nach Antworten. Wir müssen jedoch bedenken, dass die damaligen Gefährten nur Antworten bekamen, die ihrem geistigen Niveau entsprachen. Das bedeutet für uns, dass die Erklärungen im Quran oder Ahadith (Überlieferungen) nicht immer alle Seiten eines Gebots beleuchteten. Es ist daher keineswegs verboten, nach weiteren Gründen und positiven Folgen einer Anordnung zu forschen.

Die Diskussionen über die Logik hinter den islamischen Gesetzen und das Recht darüber zu diskutieren, ist eine Sache. Den Gesetzen Allahs zu folgen ist dagegen eine andere Sache. Letzteres ist davon unabhängig. In den folgenden Kapiteln wird über die islamischen Gesetze diskutiert, um unser Wissen zu vergrößern und mehr Einsicht zu erlangen. Diese Diskussionen haben nicht das Ziel darüber zu entscheiden, ob wir etwas befolgen sollten oder nicht. Als Muslime sind wir verpflichtet, den Anordnungen Allahs zu folgen, mögen wir diese nun verstehen oder nicht. Es ist doch so, dass unsere Unwissenheit viel größer ist, als unser Wissen. Unsere Unwissenheit ist ein dickes Buch und unser Wissen ist ein Buchstabe davon. Wir können nicht alles Wissen und sind daher auch gezwungen Handlungen auch ohne Wissen oder Überzeugung auszuführen (blinde Nachahmung). Das Ziel dieser Arbeit ist die Aufklärung der islamischen Gemeinschaft (Ummah), über falsche Gedanken und absichtlich von den Feinden des Islams verbreiteten Vorstellungen hinsichtlich der islamischen Gesetze (z.B. Das Fasten diene der Gewichtsabnahme; das Gebet sei eine meditative Übung; das Kopftuch unterdrücke die Frauen). Diese irreführenden Gedanken lassen die islamischen Gesetze rückständig und unzeitgemäß erscheinen.

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übersetzt und ergänzt von Hessam K.
Anmerkung: Dieser Text orientiert sich inhaltlich stark an das Buch „Religious Questions Answered: Logic for Islamic Rules“ von Ayatullah Makarem Shirazi und Ayatullah Jafar Subhani. Es handelt sich hierbei jedoch um keine reine Übersetzung!

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